Haushaltsrede 2010
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Stadtratsfraktion Gräfenberg
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Datum: 29.04.2010
Stadtratsfraktion Gräfenberg
Haushaltsrede 2010
Anrede
Die Fraktion der SPD nimmt zum vorliegenden Haushalts- und Finanzplan der Stadt Gräfenberg wie folgt Stellung.
Uns wurde mit dem aktuellen Haushalt in gewohnt übersichtlicher Weise ein umfassendes Zahlenwerk in schwierigen Haushaltszeiten vorgelegt. Unser Kämmerer, Herr Steinlein, stellte nicht nur alle Haushaltspositionen buchhalterisch auf, sondern er erläuterte den Mitgliedern des Finanzausschusses alle Vorgänge gut verständlich und nachvollziehbar.
Mit Akribie und Ideenreichtum, aber auch mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl, um Gräfenberg nicht zu Tode zu sparen, durchforstete Herr Steinlein sämtliche Positionen und fand alle realistischen Einsparmöglichkeiten, die sich noch in dem Zahlenwerk verbargen. Trotzdem war es nicht zu vermeiden, dass viele äußerst schmerzhafte Streichungen oder Verschiebungen durchgeführt werden müssen. Projekte, die für Gräfenberg von essentieller Bedeutung wären, wie z. B. die Errichtung des Kalkacherlebnisweges, der zweite Teil der Stadtmauersanierung oder die Dorferneuerung Lilling-Sollenberg müssen momentan auf der Warteliste verharren oder in bedauerlich kleinen Schritten angegangen werden. Herr Steinlein, wären wir hier in einem Verein, wäre der Kämmerer ohne wenn und aber zu entlasten. Ich danke Ihnen im Namen der Fraktion für diese umfangreiche und schwierige Arbeit, die sie geleistet haben. Besonders danken möchte ich ihnen aber auch für ihre Offenheit gegenüber Anregungen und Nachfragen von Seiten der Fraktion. Wir fanden bei ihnen immer ein offenes Ohr für Vorschläge, unabhängig davon, ob sie uns vorrechnen mussten, dass die Anregung nicht realistisch war, oder sie den Vorschlag mit einarbeiten konnten. Herzlichen Dank für diese positive Zusammenarbeit.
Ein Zahlenwerk in schwierigen Haushaltszeiten - schwierige Haushaltszeiten nicht nur dadurch, dass Gräfenberg zu einer äußerst ungünstigen Zeit große Pflichtaufgaben zu erledigen hatte. Dieses Problem kann nicht mehr allein als Grundlage für unsere desolate Haushaltssituation gesehen werden, ich werde deshalb auf diesen Punkt nicht mehr detailliert eingehen und verweise auf unsere Haushaltsreden der letzten Jahre.
Hinzu kommt eine für die Kommunen inakzeptable politische Entwicklung, in der den Gemeinden immer mehr Einnahmebereiche wegbrechen oder von Staats wegen weggebrochen werden, ihnen aber immer mehr Verantwortlichkeiten, Aufgaben zugeteilt werden. Dies ist insgesamt eine Situation, die nur mit größtem Einsatz, Kreativität, Ideenreichtum und Visionen bewältigt werden kann. Unternehmerisches Denken im Sinne der Stadt ist gefragt und überlebensnotwendig. Tugenden, an denen es hier leider erschreckend mangelt.
Der viel beschworene „Silberstreif am Horizont“ ist nicht zu entdecken, dort ballen sich vielmehr gehäuft die Unwetterwolken, um bei diesem Bild zu bleiben.
Bei einem Haushalts- und Finanzplan kann man immer an zwei Schrauben drehen, an der Ausgabenseite und bei den Einnahmen. Wie bereits erwähnt sind wir der überzeugung, dass auf der Ausgabenseite das Möglichste getan wurde, um umfassend und doch nicht erstickend einzusparen. Hier sehen wir keine weiteren Möglichkeiten, die nicht gleichzeitig unsere Situation noch mehr verschärfen würden.
Ich möchte dieses Jahr mein Augenmerk auf die Einnahmeseite des Haushalts legen. Wir waren uns im Stadtrat einig, dass es zwar ein unangenehmes jedoch in dieser Situation unvermeidbares Mittel der Einnahmensteigerung ist, zumindest vorübergehend die Grundsteuer zu erhöhen. Damit befinden wir uns bayernweit in guter Gesellschaft. Als absolut unverständlich und unsozial empfinden wir es jedoch, dass nicht im selben Atemzug auch der Gewerbesteuerhebesatz, der z. Zt. 340% beträgt, auf 380% angehoben wird. Die Grundsteuer ist zu entrichten von jedem Haus- und Grundeigentümer, unabhängig davon, ob der das Objekt gekauft oder geerbt hat, unabhängig davon, ob er z. Zt. entsprechend verdient oder arbeitslos ist. Diese Steuer hat Gräfenberg seit 1987 viermal um mittlerweile insgesamt 150% erhöht. Hier befinden wir uns nun weit über dem bayerischen Durchschnitt. Die Gewerbesteuer, die nur auf tatsächlich angefallenden Gewinn zu entrichten ist, wurde seit 1978!! nicht angepasst. Hier liegen wir deutlich unter dem bayerischen Mittel. Zudem belastet eine Erhöhung um 40%-Punkte nur GmbHs und nicht den kleinen Privatunternehmer. Und wenn, wie geschehen, unser Bürgermeister wieder einmal das Schreckgespenst bemüht und mitteilt, er habe schon von Firmen gehört, die über Abwanderung nachdenken würden, dann genügt ein Mausklick ins Internet, um festzustellen, dass dies eher unwahrscheinlich ist. Der Hebesatz liegt in den Gemeinden des Landkreises zwischen 300% und 380%, das heißt wir liegen hier in der Mitte, wobei alle Gemeinden vor ähnlichen Entscheidungsproblemen stehen und der Reihe nach den Hebesatz erhöhen. Vorgestern entschieden die Gemeinden Kleinsendelbach und Eggolsheim jeweils eine Erhöhung von 320% auf 380%. Und auch die immer wieder geäußerte Befürchtung der Abwanderung eines Betriebes nach Ingolstadt lässt sich durch besagte zwei Mausklicks ausräumen – dort ist der Hebesatz bei 400%. Wir empfinden die Entscheidung des Gräfenberger Stadtrates, die Gewerbesteuer nach 32 Jahren Gleichstand nicht anzupassen, als ausgesprochen unsozial und nicht akzeptabel.
Die Einnahmeseite des Haushaltes beinhaltet natürlich auch, dass man sich um die Ansiedlung von jungen Familien und die Ansiedlung von Firmen mit wohnortnahen Arbeitsplätzen kümmern muss. Das allein genügt allerdings nicht. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf die Betreuung bereits angesiedelter Firmen zu legen. Diese Aufgabe ist einzig und allein eine Aufgabe des Bürgermeisters. Bedauerlicherweise wird aber dieser Bereich in Gräfenberg sträflich vernachlässigt. Firmen, die ein Anliegen irgendeiner Art haben, können von Glück reden, wenn sich unser Bürgermeister bei ihnen meldet. Sind dann weitere Gespräche oder Planungen vonnöten herrscht Funkstille. Ich erinnere daran, dass eine im Gewerbegebiet ansässige Firma seit Februar 2009 Erweiterungspläne hegt. Unser Bürgermeister erschien einmal persönlich und schrieb eine E-Mail bis die Firma diese neuen Arbeitsplätze im November 2009 in Nürnberg ansiedelte. Ich erinnere an die Auseinandersetzungen zu diesem Thema im Stadtrat im November 2009, an den Auszug aus der Sitzung und an den Rücktritt dreier Stadträte. Wir hatten im November 2009 nach Gesprächen mit dem Firmeninhaber auch deutlich gemacht, dass der Wille, diese Arbeitsplätze nach Gräfenberg zu holen, immer noch bestehe und auch weitere Projektideen existierten. Regelmäßig erinnerten wir daran, dass man in dieser Firma auf die Kontaktaufnahme seitens des Bürgermeisters warte. Es ist nichts geschehen. Erstmals am vergangenen Dienstag, also ein halbes Jahr später, meldete sich Werner Wolf bei dieser Firma. Dieses Verhalten, diese Arbeitsauffassung ist nicht tragbar. Hier werden die letzten Einnahmequellen der Stadt leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Ich unterstelle dem Bürgermeister, den Konkurs der Stadt Gräfenberg billigend in Kauf zu nehmen.
Lassen Sie mich ein zweites Beispiel nennen, das viele von Ihnen noch nicht kennen werden und das die Brisanz dieses Themas untermauert. Ein mit seiner Firma hier ansässiger Unternehmer, der sich bereits mehrfach einen Namen gemacht hat als Liebhaber alter Gebäude, indem er diese teils einsturzgefährdeten Bauten mit hohem finanziellen Aufwand, äußerster Sachkompetenz und viel Liebe zum Detail renoviert und einer neuen Nutzung zugeführt hat, hatte letztes Jahr grob gesagt in Planung, unser Scheunenviertel zu sanieren. Er hat dort bereits drei Scheunen in seinem Eigentum und fragte bei Bürgermeister Wolf an wegen des Ankaufs eines kleineren städtischen Grundstücks an, das zwischen seinen Scheunen liegt. Die drei Scheunen sollten saniert werden zu einem kleinen Tagungshotel für die Firma und die Öffentlichkeit, auch in Hinblick auf die Lage am Fernwanderweg. Dieses Projekt wäre ein Sechser im Lotto für Gräfenberg gewesen und es wäre zu erwarten gewesen, dass unser Bürgermeister jegliche Unterstützung signalisiert und schnellstmöglich sowohl den Stadtrat informiert als auch notwendige Schritte zur Unterstützung des Projektes einleitet. Geschehen ist dies alles nicht. Der Stadtrat wurde bewusst bis heute nicht informiert und der Verkauf des Grundstückes wurde von Bürgermeister Wolf eigenmächtig abgelehnt. Sein Angebot, ein Planungskonzept für das Scheunenviertel und damit das geplante Projekt erstellen zu lassen, ist bis heute nicht einmal andiskutiert worden. Dieses einmalige Projekt ist nun gestorben, der Investor hat in einer anderen Kommune ein entsprechendes Areal erworben, auf dem nun dieses Objekt entsteht. Der Sechser im Lotto ist leider nicht abgeholt worden. Auch hier hat unser Bürgermeister wieder eine Chance verpasst, erhebliche Verbesserungen für die Infrastruktur Gräfenbergs und damit die Einnahmeseite unseres Haushaltes zu erreichen. Mehr, als sich zu kümmern und mit dem Investor intensive Gespräche zu führen, wäre nicht nötig gewesen. Hier handelt Werner Wolf eindeutig gegen die Interessen der Stadt Gräfenberg und man kann ihn, das ist meine persönliche Meinung, langsam mit Fug und Recht als Totengräber der Stadt bezeichnen.
Die Fraktion der SPD beabsichtigt nicht, die politische und wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Stadt Gräfenberg zu beeinträchtigen. Aufgrund der nicht erhöhten Gewerbesteuer und des völlig unzulänglichen Engagements auf der Einnahmenseite des Haushaltes sehen wir uns allerdings gezwungen, unsere Zustimmung zum vorliegenden Haushaltsplan zu verweigern. Wir setzen zur Zustimmung eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer voraus. Was den zweiten Punkt angeht, kann unser Bürgermeister gleich in der anschließenden nichtöffentlichen Sitzung beweisen, dass er sein diesbezügliches Verhalten grundlegend ändern wird.
Ich möchte zum Abschluss nochmals betonen, dass wir damit in keiner Weise an der Kompetenz und der vorgelegten Arbeit des Kämmerers zweifeln, er hat seine Aufgabe hervorragend erledigt.
Ernst Seckendorf
Fraktionssprecher SPD